„Wie können Menschen so sein?“ Schon oft gehört? Schon oft selber gesagt?
Immer schon haben sich Menschen das gefragt. Z.B. Paulus vor fast 2000 Jahren. Und er hat sich die Frage gestellt bezüglich der Menschen in den neu gegründeten christlichen Gemeinden.
Kaum zu glauben. Deshalb schrieb er ihnen Briefe mit Ermahnungen und Tipps für besseres Verhalten.
Ein Tipp an die Galater: Sie sollten Christus anziehen. Nicht wie ein Magnet Eisen anzieht, sondern richtig wie Kleidung sollten sie Christus anziehen.
Schräg? Bei näherem Nachdenken gar nicht so schräg. Wir haben unsere Weisheiten als Blechschilder an der Tür oder an der Wand, die Älteren haben sie im Poesiealbum, im Tagebuch, die Jüngeren auf dem Auto. Auch nicht schlecht. Einigermaßen präsent.
Aber Kleidung tragen wir am Körper. Ganz nah. Kleidung identifiziert uns auch ein bisschen. „Schlaghose - das bin ich nicht!“
Kleidung ist eng mit uns verbunden. Eine zweite Haut. So wie unsere Gewohnheiten.
Ich glaube, Paulus meint z. B.:“Leg den Schal der Engstirnigkeit ab. Denke größer! Zieh die Socken der Habgier aus - trage großzügige Strümpfe!“
Und so weiter. Unsere positiven und negativen Gewohnheiten an- oder ablegen wie Kleidung.
Schönes Bild. Ich muss kein anderer Mensch werden, um besser zu sein. Ich muss nur manches austauschen. Sagen wir mal, ich lege die Jacke der Feigheit ab und ziehe den Mantel des Muts an. Dann muss ich mich nicht allein einer Armee stellen. Das wäre nicht Mut, sondern Wahnsinn.
Vielleicht habe ich auch noch nicht das Format, mich meinem ungerechten Chef entgegen zu stellen. Aber womöglich hilft mir der Mantel des Mutes, den Nachbarn Paroli zu bieten, die immer über alle lästern. Wäre doch ein Anfang.
Und dann ziehe ich den kuscheligen Pullover der Liebe an und höre auf zu hassen.
Ein größerer Schritt, aber ein viel wärmeres Gefühl.
Und so könnte ich mich Stück für Stück neu anziehen. In meinem Tempo. In der Umkleidekabine Gottes.
Dorothea Dluschkowski,
Diakonin i.R.