Morgen ist Pfingsten. Gottes Geist wird unter den Menschen lebendig. Hoffentlich. Mit einem plötzlichen Brausen, einem gewaltigen Wind und einem mächtigen Stimmgewirr begann es einst. Gottes Geist tröstet, lehrt und erinnert uns an seine Gegenwart mitten unter uns. Gottes Geist wird als Tröster bezeichnet und offenbart sich im göttlichen Wort: „Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht“ (Joh. 14,27), sagt Jesus.
Unsere Welt ist nicht friedlich. Sie ist voller offener Wunden und schlecht verheilter Narben, die manchmal sogar wieder aufreißen. Der neue Papst Leo XIV weiß darum als er unmittelbar nach seiner Wahl die Worte „Der Friede sei mit euch allen“ von der Loggia am Petersdom spricht. Ganz bewusst wählte er den Gruß des auferstandenen Christus an seine Jünger und verkündigte damit kristallklar, dass das Böse niemals siegen wird. Was für eine deutliche Ansage in kriegerischen Zeiten und unerbittlichen Auseinandersetzungen.
Im Rahmen unserer Kirchenkreissynode hatten wir kürzlich Pastor Philip aus Indien zu Gast. Er berichtete eindrücklich von seinen Gemeinden und der bedrohlichen politischen Entwicklung im Land, die es für Christenmenschen immer schwerer machen würde, ihren Glauben frei und ohne mögliche Repressalien zu leben. Eine Baugenehmigung für eine neue Kirche erhält der Pastor durch die staatlichen Behörden nicht. Es ist nicht gewollt und nicht gewünscht. Christsein bedeutet in manchen Gegenden Indiens eine Gefahr für Leib und Leben. Die Ermordung eines Kollegen, so berichtet Pastor Philip, wurde durch die Regierung als Motorradunfall unter Alkoholeinfluss eingestuft. Beim lauten Protest auf der Straße gegen dieses zum Himmel schreiende Unrecht kreisen Drohnen über denen, die sich einem persönlichen Risiko aussetzen, um für Gerechtigkeit zu protestieren. „We want justice“, skandieren sie scheinbar furchtlos und unerschrocken.
Christen und Christinnen, die sich zu Jesus Christus bekennen scheinen eine Bedrohung für die Mächtigen im Land zu sein. Indien ist hier kein Einzelfall. Mehr als geschätzt 380 Millionen Christenmenschen in 78 Ländern sind weltweit wegen ihres Glaubens intensiver Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt.
Pastor Philip gibt trotzdem nicht auf. Seinen Blick richtet er fest auf Jesus. Er nennt uns Brüder und Schwestern. Er streckt uns seine Hand aus und ermutigt uns füreinander zu beten und einzustehen. Nach seinen eindringlichen Worten verlasse ich die Synode sehr nachdenklich und aufgewühlt. Pastor Philip wird bald wieder in seine Heimat zurückreisen. Ich bleibe hier. Gottes Geist verbindet uns.
Thomas Kersten, Superintendent des Kirchenkreises Rhauderfehn