@pixabay.com
@pixabay.com
© fentjer

Auftaktveranstaltung des Projektes WÜRDE

Nachricht 21. März 2025

Rhauderfehn.  In der Auftaktveranstaltung des Projektes WÜRDE erinnerte die ev.-luth. Kirchengemeinde Rhauderfehn zu nächst an die Feierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen des Grundgesetzes im vergangenen Jahr. Dabei wurde deutlich, dass die Wahrung der Menschenwürde auch heute keine Selbstverständlichkeit ist und immer wieder verteidigt werden muss.

Detlef M. Plaisier betonte in seinem Beitrag die Dringlichkeit, angesichts zunehmender Missachtung der Menschenrechte laut und aktiv zu werden. „Es ist kein sanftes Vorhaben“, mahnte Plaisier. „Wir müssen aufstehen und handeln.“

Auch der zweite Bürgermeister der Gemeinde, Helmut Zeusel, rief in seinem Grußwort dazu auf, Impulse zu setzen und das Bewusstsein für die Bedeutung der Menschenrechte zu stärken: „Es ist unsere Aufgabe, die Würde des Menschen zu schützen und zu fördern — im Alltag und in der Politik.“

Drei eindrückliche Impulsbeiträge machten deutlich, dass die Menschenwürde in vielen Lebensbereichen verletzt wird:

Christine Ribani berichtete von einem dunkelhäutigen Migranten, der täglich mit dem Fahrrad von Rhauderfehn nach Augustfehn fährt und von Augustfehn nach Oldenburg pendelt und dabei regelmäßig in der Bahn schikaniert wird — mit der Begründung, sein Ticket sei nicht gültig. Diese willkürlichen Ausgrenzungen stehen sinnbildlich für die Herausforderungen, denen Menschen mit Migrationshintergrund noch immer begegnen.

In einem zweiten Beispiel schilderte Frau Ribani das Schicksal eines geflüchteten Syrers, der einst im Kultusministerium seines Heimatlandes tätig war. Er sollte in Italien einen Vortrag über den Verlust von Kulturgütern durch islamistische Kräfte halten — doch ihm wurde das Visum verweigert. Stattdessen musste er seinen Vortrag per Zoom abhalten.

Benjamin, ein junger Mann, der aus Kassel kommend in  der Kommune Rhauderfehn ein freiwilliges ökologisches Jahr absolviert, fühlte sich in seiner Würde verletzt, weil er als Nicht-Teetrinker unter Gleichaltrigen Anfeindungen ausgesetzt sei. Er müsse sich hier erst einmal zurechtfinden und lernen, was in dieser Gegend an Werten und Normen gelte, um nicht ständig anzuecken.

Der dritte Impuls kam von Marcel Taubert, dem Betriebsratsvorsitzenden der Optik GmbH. Er berichtete von den dramatischen Entwicklungen nach der Übernahme des Unternehmens durch die Münchener Firma Equita. Von ehemals 160 Beschäftigten sind nur noch 90 übrig. „Menschen werden hier nur noch als Zahlen betrachtet“, so Taubert. Kündigungen langjähriger Mitarbeiter, massiver Druck und das systematische Herausdrängen der Belegschaft prägen den Alltag. „Respekt und Fairness fehlen“, fasste er zusammen.

Im Anschluss moderierte Harald Kleem von Peer Leader International aus Ostrhauderfehn den Bürgerdialog. In der engagierten Diskussion kamen zahlreiche weitere Themen zur Sprache: das Machtgefälle zwischen Arm und Reich, der respektvolle Umgang mit älteren Menschen, die dramatische Situation in Pflegeeinrichtungen, in denen Zeit und Würde gleichermaßen fehlen. Immer wieder ging es auch um Mut und Zivilcourage im Alltag — darum, der Verletzung der Menschenwürde nicht tatenlos zuzusehen. Und last but not least ging es um das Erstarken rechts gerichteter Kräfte auch in unserer Region, die offenbar mit „ganz einfachen Lösungen“ gesellschaftliche Probleme angehen wollen, die Menschenwürde dabei außer Acht lassend.

Das Projekt „Die Würde des Menschen ist (un-)antastbar“, das durch die Hanns-Lilie-Stiftung finanziell gefördert wurde, wir das ganze Jahr über  weitergeführt. Weitere Veranstaltungen widmen sich der historischen Aufarbeitung der dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte, insbesondere der Ermordung von Millionen jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger während der Zeit des Nationalsozialismus.

Die Ev.-luth. Kirchengemeinde Rhauderfehn setzt damit ein klares Zeichen: Die Würde des Menschen ist unantastbar — und sie muss jeden Tag aufs Neue verteidigt werden.