@pixabay.com
@pixabay.com
© fentjer

Grau ist alle Theorie

Nachricht 05. September 2025

… und die Praxis kann erschütternd sein - Pastoren auf Fortbildung

Teambuilding und Nachdenken über die künftigen Arbeitsabläufe wird in der Kirche traditionell betrieben. Das war auch schon so, als es das Wort „Teambuilding“ noch gar nicht gab. Natürlich ist es so, dass die Arbeiter im Weinberg des Herrn unser wichtigstes Kapital sind. Die uralten Ostfriesischen Kirchen auch, klar, aber die werden seit einigen Jahren eher als Kostenfaktor und Baulast wahrgenommen.

Nun also fuhren alle Pastoren, Pastorinnen, Diakoninnen und Diakone sowie die Kantorin des Kirchenkreis Rhauderfehn vom 1. bis 4. September nach Rastede ins Ev. Bildungshaus. Jüdisches Leben in Deutschland war das inhaltliche Thema und konkret ging es um die gegenwärtigen Herausforderungen. Damit das ganze auch greifbar wird, stand ein Besuch der jüdischen Gemeinde Oldenburg auf dem Programm. Das Kollegium traf Rabbi Levi Israel Ufferfilge. Der kam gerade vom Krankenbesuch, nahm sich aber Zeit, um zuerst einmal zu klären, mit wem er es bei seinen Besuchern zu tun hat und auch, dass er selbst, aus Westfalen kommt und sein Familienname aus dem Westfälischen Platt stammt. Rhauderfehn kannte er ebenso, was die Fehntjer zuerst einmal überraschte, dann aber doch leicht herzuleiten war: Der Rabbi kennt natürlich Albrecht Weinberg sehr gut und schätzt ihn sehr. Außerdem erklärte Ufferfilge, dass es von Oldenburg bis zu den Niederlanden keine weitere jüdische Gemeinde gibt, und deshalb auch er selbst zuständig ist für alle jüdischen Gläubigen, die in diesem Bereich wohnen. Voller Lebensfreude erklärte der 37-jährige Rabbi, dass er oft weite Wege fahren muss, dass er alle Krankenhäuser und Hospize in und um Oldenburg kennt, und deshalb leider bisher keine Zeit hatte, um in Oldenburg Bars oder Cafés kennen zu lernen.

Sehr berührend war es, als er dann erzählte, dass die meisten Jüdinnen und Juden sich in der Öffentlichkeit nicht als Juden zu erkennen gäben, weil sie dann mit Pöbeleien und Angriffen rechnen müssten. Seit dem Überfall der Hamas und dem Gazakrieg hätte sich das sehr verschlimmert. Im Grunde sei die Situation aber schon angespannt seit dem Attentat auf die Synagoge in Halle im Jahr 2019. Gottesdienste in der Oldenburger Synagoge sind aktuell immer von Sicherheitsleuten betreut, die für seine Gemeinde natürlich auch einen erheblichen Kostenfaktor darstellen. Außerdem würde seine Gemeinde als nächstes den Einbau kugelsicherer Fenster planen.

Für das Kollegium des Kirchenkreises Rhauderfehn war die viertägige Fortbildung und vor allem der Besuch der Synagoge sehr eindrücklich. Es wurde deutlich, wie wertvoll es ist, wenn man seine Religion in Freiheit und Sicherheit ausüben darf.              

 Torben Weinz, Pastor in Collinghorst