ForuM Studie – Wort des Superintendenten

Nachricht 03. Februar 2024

Am 25.1.2024 wurde die ForuM- Studie  „Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland“ veröffentlicht.

Die EKD hat diese Studie im Jahr 2020 in Auftrag gegeben und mit 3,6 Millionen Euro unterstützt.

Die Ergebnisse der Wissenschaft sind für die Kirche beschämend und bedeuten eine tiefe Zäsur für die Kirche. Von 1946 an bis in die Gegenwart kamen folgende Sachverhalte ans Tageslicht.

Von 1259 Tätern, darunter 511 Pfarrern und 2225 Betroffenen ist die Rede.

In der Hannoverschen Landeskirche sind nach eigenen Aussagen 122 bestätigte Fälle oder Verdachtsfälle bekannt. Unter den Beschuldigten sind 63 Pastoren.

Meine vollste Solidarität gilt den Betroffenen, denn jeder einzelne Fall von sexualisierter Gewalt zerstört Leben. Ihnen allen wurde unermessliches Leid zugefügt und mit offenen Wunden müssen sie leben.

Mein Dank gilt allen, bei denen diese Menschen Gehör, Hilfe, Trost und Zuspruch gefunden haben. Da, wo nicht zugehört, geglaubt oder verschleiert wurde, ist weitere Aufarbeitung dringend notwendig. Mit allen zur Verfügung stehenden Kräften ist in unserer Kirche ab sofort und mit höchster Priorität daran zu arbeiten, Unrecht zu benennen, Fälle aufzuarbeiten und  überführte Beschuldigte entsprechend unserer Rechtsordnung zur Verantwortung zu ziehen.

Jegliche Form von Intransparenz und Verschleierung ist keine Option für die Kirche Jesu Christi und bestätigte Fälle sind ein Fall für die polizeiliche Ermittlung und die Staatsanwaltschaft.

Ihrer Verantwortung muss sich die Evangelische Kirche aber auch im Hinblick auf ihre Führungs-und Leitungskultur  stellen. Mit den erschütternden Ergebnissen geht ein immenser Vertrauensverlust in die Kirche als Institution einher und ich vermute, dass die gute und vertrauensvolle Arbeit in den Gemeinden Schaden nimmt.

Nach Aussagen der Wissenschaftler stellen die in der Studie genannten Zahlen jedoch wohl  nur „Die Spitze der Spitze des Eisbergs“ dar.

Die vereinbarte Mitwirkungspflicht der allermeisten Landeskirchen wurde als mangelhaft bezeichnet und es wurde deutlich, dass die Evangelische Kirche ein strukturelles Problem  hat. 

Zu Recht werden Menschen von uns als Kirche erwarten, dass wir zu diesen schwerwiegenden Taten und dem Umgang damit nicht schweigen.

Daher ist es richtig und angemessen, dass wir weiterhin mit großer Sorgfalt an einem Schutzkonzept für unseren Kirchenkreis und alle dazugehörigen Gemeinden, Werke und Einrichtungen arbeiten und in der Juni Synode verabschieden.

Bereits im letzten Jahr haben alle hauptamtlichen Mitarbeitenden an der verpflichtenden Grundschulung zur Prävention teilgenommen und wurden entsprechend geschult.

Mit allen, die Verantwortung in unserer Kirche tragen,  verpflichte ich mich dazu, wachsam und aufmerksam zu bleiben, um sexualisierter Gewalt in unseren Räumen und Bezügen keine Chance zu geben. Den Betroffenen sind wir es schuldig.

Rhauderfehn, im Februar 2024

Superintendent Thomas Kersten