Austritt , 28.10.23

Neulich ist ein guter Freund aus der Kirche ausgetreten. Gesagt hat er mir das nicht. Und verstehen kann ich das auch nicht. Er verdient nicht gerade wenig und ich weiß, dass er mit „Kirche“ auch was anfangen kann. „Ich glaube schon noch,“ sagt er, „aber ich will das Geld sparen. Und wenn ich will, dann kann ich ja auch trotzdem in die Kirche gehen“.  Mir fällt ein und es rutscht mir einfach so raus, was ein gewisser Cyprian vor 1.800 Jahren gesagt hat: Wer die Kirche nicht zur Mutter hat, kann Gott nicht zum Vater haben. „Wieso das denn nicht?“  fragt er mich. „Das kann nur der Pastor sagen, der in der Kirche sein Geld verdient“.  Ich gestehe ihm zu, dass das nicht sofort einleuchtet. „Überleg mal,“ sage ich, „du sagst, dass du schon noch glaubst und immer in die Kirche gehen kannst, wenn du willst. Aber in welche Kirche willst Du denn noch gehen?“ Die Antwort: „Na, in unsere hier im Ort, oder in eine andere eben“. Ich erkläre: „Ja, aber wenn niemand mehr in der Kirche ist, dann gibt es die Kirche doch auch nicht mehr. Es fängt damit an, dass dort kein Gottesdienst mehr stattfindet, weil der Pastor, der Küster und die Organistin nicht mehr bezahlt werden können. Und wenn es keine Gottesdienste mehr gibt, wo wird dann von Gott geredet?“ Da fällt ihm ein Satz von Jesus ein: „Jesus hat doch gesagt, wo zwei oder drei in seinem Namen zusammen sind, da ist er auch. Oder nicht? Dann ist da doch auch Kirche!“  Langsam wird es spannend: „Ja, mein Lieber“, antworte ich, „Kirche ist dann also eine Einrichtung, wo immer zwei oder drei Leute zusammen sind und entweder über Gott reden oder die Bibel lesen, oder was? Kirche“, erkläre ich weiter, „muss doch auch handeln können. Wenn dir der Glaube wichtig ist, musst du auch vertreten, dass die Inhalte gelebt werden. Das Zusammensein, der Einsamkeit zu begegnen, sich einsetzen für das, was Gott, was Jesus wichtig ist: Eintreten für die Schwachen, Gerechtigkeit. Jesus hat doch auch öffentlich davon gesprochen, dass Gott sich allen Menschen zuwendet. Das muss man doch auch in der Gesellschaft vertreten. Kirche ist doch keine Kirche, wenn sie nur aus Kleingruppen besteht“.  

Damit habe ich es erstmal gut sein lassen. Was meine Worte bei ihm bewirkt haben, weiß ich nicht. Aber ich hoffe natürlich, dass sie ihn erreicht haben und dass sie auch andere erreichen.

Hartmut Kutsche, Pastor in Rhaude und Westrhauderfehn